Die Berufsjugendlichen unter meinen Lesern werden mich dafür hassen, aber was mir als altem Comicfan wirklich die Lust an Bildergeschichten genommen hat, sind Mangas. In der Japan-Euphorie, die Mitte der 90er-Jahre auch in meinem Umfeld einzog, war daran kein Vorbeikommen mehr. Noch immer rennen vermutlich die Fans von damals, bedauernswerte Geschöpfe, mit den Manga-Tattoos auf ihren Schulterblättern herum, wo die welker werdende Haut die debilen Kulleraugenkreaturen zu grotesken Grimassen verzerrt.
Ich habe mich damals wirklich bemüht, mit der Mode Schritt zu halten. Vergebens: Der Anime „Ghost in the Shell“ (Trailer), basierend auf einem populären Science-Fiction-Manga, ist der einzige Film, bei dem ich bei beiden Versuchen, ihn anzusehen, in tiefen Schlaf gefallen bin. Die Falten auf meiner Stirn sind in Wirklichkeit die Abdrücke der Fernbedienungstasten, die sich für ewig in die Haut eingeschrieben haben – als Mahnzeichen, dass nicht Reizüberflutung die geistige und körperliche Gesundheit bedroht, sondern die uninspirierende Langeweile, die entsteht, wenn man versucht, mit einem Popcorn-Genre „tiefgründige Botschaften“ zu verbreiten, die letztlich nichts anderes sind als die Anpassungs- und Schulhofängste von Pubertierenden. (Ich bin wahrscheinlich ungerecht, auf die Lieblingscomics meiner Teenagerzeit, zum Beispiel „Fantastic Four“ aus der Hand der Marvel-Größen Jack Kirby und später John Byrne, lasse ich auch heute nichts kommen.)
Was mir momentan wieder gefällt, sind ins Netz gestellte Fotocomicstrips wie A Softer World, die mich an Collagen aus Punk-Fanzines erinnern. Auch wegen des Nihilismus, der in den kurzen, lakonischen Geschichten oft anklingt. Perlen gibt es außerdem unter den Strichmännchen-Cartoons, die der amerikanische Programmierer Randall Munroe auf xkcd.com veröffentlicht. Neben seltsamen Mathematiker-Witzen für Eingeweihte hält er mit wenigen Strichen ausdrucksvoll Lebenssituationen fest, die man kennt und fürchtet.
Das neueste Webcomic-Panel muss in seinem ganzen Ausmaß gezeigt werden: