Ist es nur Schadenfreude? Agenturfotos von schockierten Bankern in der Börse verbreiten sich viral im Netz, gerade ganz hoch im Kurs ist Sad Guys on Trading Floors (mein Lieblingsfoto). Andere Bildergalerien geben sich sachlicher, zielen aber auf denselben Effekt. Die Börsianer, die Medienlese in einer Fotogalerie präsentiert, sehen zum Teil aber eher müde aus als traurig, zumindest nicht total aufgelöst – in Frankfurt übt man sich offenbar in Disziplin.
Edit: Ich habe mehrere Links im ersten Absatz entfernt. Die Seiten sind nicht mehr im Netz.
Einestages holt weit aus und illustriert mit Archivbildern von Höhe- und Tiefpunkten der Börsengeschichte einen Abgesang auf die angeblich „aussterbende Spezies“ der Investmentbanker – Abgänger von Elite-Universitäten, die sich auf einem Börsenparkett bewähren müssen, das mit Machoritualen und Vulgärsprache den rauen Umgangsformen auf Kasernenhöfen nahekommt.
Wenn es Schadenfreude ist, dann richtet sie sich weniger auf identifizierbare Personen (der Chef dieses oder jenes Unternehmens, dem jetzt die Rechnung präsentiert wird), sondern auf namenlose Vertreter eines Typus: selbstsüchtige Aktienhändler, für die die Wirtschaft anscheinend ein Glücksspiel ist, das „uns“ den Job kosten kann. Und nun, in der Finanzkrise, sind sie selbst an der Reihe.
Jenseits der Schadenfreude dient der Körper des Händlers als Aufzeichnungsoberfläche für den Affekt: Emotionen, die nicht mehr Ausdruck des Seelenlebens von Individuen sind, sondern konventionalisierte Zeichen für überindividuelle Erregungszustände, Euphorie, Enttäuschung, Schock, Untergangsstimmung – das „Gefühl als Sache“, wie es bei Richard Sennett heißt.
Die für Laien undurchschaubaren Vorgänge im Finanzgeschäft sollen auf diesen Fotos mit Blick auf Mimik und Gestik der Akteure nicht verständlich, aber zumindest darstellbar gemacht werden.