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Aktuelle Seite: Start / Texts for Robots / Ein Katastrophenfilm von der Börse Frankfurt

Ein Katastrophenfilm von der Börse Frankfurt

13. Oktober 2008

Das Interview, das Dirk Müller dem Deutschen Anleger Fernsehen (DAF) gab, hat es in sich: Mit 70-prozentiger Wahrscheinlichkeit kollabiere das Finanzsystem, ein Übergreifen der Krise auf die Realwirtschaft, ja eine Weltwirtschaftskrise drohe, sagte der Frankfurter Händler Ende vergangener Woche.

Edit: Das Video wurde mittlerweile gelöscht.

„Jetzt wird das Video ‚viral‘, verbreitet sich im Internet – und verschreckt nicht nur die Zuschauer des Anleger-Fernsehens“, heißt es bei Medienlese, wo ich gestern auf den DAF-Mitschnitt gestoßen bin. Und weiter: „Unverantwortliche Panikmache?“ (Edit: Artikel nicht mehr im Netz, Link gelöscht.)

Vielleicht. Auf alle Fälle aber Zutat für den speziellen Gefühlscocktail aus Angst und Lust, der sich momentan ausbreitet, gerade unter Leuten, die in den Medien arbeiten. Die Erregungswellen, die von jeder Nachricht, jeder Hypothese und jedem Gerücht weitergetragen werden, sind nicht nur beängstigend, sie haben in der Tat auch etwas Berauschendes.

Ansonsten sachliche und nüchterne Menschen aus meinem Freundeskreis bebildern bei Gesprächen über die Finanzkrise mittlerweile ihre Furcht vor dem totalen Crash mit Szenen aus dem Katastrophenfilm der 70er-Jahre: Zusammenbruch der Zivilisation, Faustrecht, marodierende Banden. Nur Zombies wurden in den Untergangsfantasien noch nicht gesichtet.

Der telegene Dirk Müller zumindest hat sich als „Mr. Dax“, das Gesicht der Börse, in dessen Ausdrucksbewegungen sich das Auf und Ab der Kurse spiegelt, mittlerweile international einen Namen gemacht. Von der „Süddeutschen Zeitung“ wurde der Kursmakler aus Reilingen schon vor Längerem zum „Popstar“ ernannt:

In einer Welt, in der Aktienkurse auf schier unbegreifliche Weise von Computern in den Banken von Frankfurt bis Tokio gesteuert werden, in der abstrakte Kurven über Bildschirme in U-Bahnen und Wohzimmern flackern – in dieser Welt erzählt Müller dem Publikum mit Mimik und wenigen Worten mehr über die Börse als tausend Charts und Analysten. Müller reißt die Augen auf, legt die Stirn in Falten, wirft die Hände in die Luft – Kursrutsch, Dramatik. Müller hebt einen Daumen, Lachfältchen umkränzen seine Augen – Dax-Rekord, Freude. Müller lehnt sich im Stuhl zurück, legt die Hände hinter den Kopf, bläst die Backen auf – Handelsschluss, Erleichterung.

(Edit: SZ-Artikel nicht mehr im Netz, Link gelöscht.)

Er sticht damit aus der Masse von namenlosen Aktienhändlern heraus, von denen Affektbilder im Netz zirkulieren und in Bildergalerien von Onlineredaktionen präsentiert werden, wie ich am Samstag in einem Posting über die Physiognomie der Finanzkrise geschrieben habe. Das Prinzip, dass die mediale Darstellung abstrakter Sachverhalte durch Gesichter vermittelt wird, ist dabei dasselbe. Allerdings hat das „prominente Gesicht“ im Unterschied zum anonymen des unbekannten Brokers noch weitere Funktionen. Aber dazu eventuell demnächst mehr.

Update: 11. Oktober 2017 Kategorie: Texts for Robots

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