In Berlin fahren zwar eher selten Pferdewagen durch die Gegend, und Schnee liegt noch nicht, aber das vor über 100 Jahren gemalte Bild „Snow in New York“ des amerikanischen Künstlers Robert Henri bringt die Tristesse, die sich vergangene Woche über die Stadt gelegt hat, gut zum Ausdruck.
Grauer und diesiger als dieser Dezember sind nur die Gestalten, auf die man etwa in der Berliner Straßenbahn trifft. Konfrontiert mit ihren Leidensmienen, könnte ein ortsunkundiger Fremder sich wundern, ob er denn in einem Krisengebiet gelandet ist.
Da kommt die Frage auf, ob man die Broken-Windows-Theorie auch auf Gesichter anwenden kann: Einer fängt damit an, lässt sich gehen, steckt bald den Nächsten an, dem folgen viele, und schon liegt das ganze Viertel in Scherben.
Für einige Leute gehört es ja zu den schlimmsten Verbrechen wider die Moral, wenn sich jemand für „was Besseres“ hält, anstatt Leidensgenosse zu sein. Dabei wäre dem sozialen Klima hier sehr geholfen, wenn sich mehr für „was Besseres“ halten würden – besser als ihr Job und die Heizkostenabrechnung, besser als das Wetter und die eigene Rotznase. Besser als die finsteren Mienen um einen herum.