Der Besuch in der Videothek zeigt: Alles geht weiter, Serienmörder morden weiter in Serie, Models stöckeln unermüdlich über den Laufsteg, mit einem finsteren Geheimnis hinter der Schminke. Auftragskiller entpuppen sich von Mal zu Mal als komplexe, fast schon charismatische Charaktere; die fiesesten Verbrecher sind sowieso immer verkannte Genies. Bruce Willis ist schon wieder am Ende, geschieden, unrasiert und im Feinripp-Unterhemd. Und massenhaft Verschwörungen sind im Gang, ein Wunder, dass die sich nicht gegenseitig in die Quere kommen (Templer und Geheimbünde sind eben verschwiegen um die Wette). In Folterkellern wird weiterhin hart geschuftet – die Teenager, die dort einer nach dem anderen zu Hackfleisch verarbeitet werden, stammen aus der Casting-Massenabfertigung. Ausnahmslos jeder nerdige Außenseiter an der Highschool ist in Wahrheit ein Superheld, Vampir, Zauberer oder hat zumindest ein Dimensionstor entdeckt. Und Koffer voller Drogen oder Geld wandern ohne Pause durch Drehbücher, die in ein, zwei SMS Platz hätten.
Das sei eben Popcorn-Kino, sagen die Verfechter der abgedroschenen Unterhaltung, love it or leave it. Dennoch: Die Wand anzuschauen bereitet gelegentlich mehr Vergnügen.
Nach ratlosem Stöbern durch die Trash-Videothek um die Ecke (eine von denen, wo die Titel anscheinend nach der Schuhgröße der Regieassistenten sortiert sind) habe ich folgende Plots noch nicht gedrehter cineastischer Meisterwerke ins Notebook gehackt: Es ist eine Collage aus all dem Schrott von Mystery bis Crime, der vom Lesen der Filmbeschreibungen in meiner Erinnerung hängen geblieben ist.
Das verfluchte Geheimnis der 100 Jünger
Bei Ausgrabungen in Rom wird in einem bisher unbekannten Trakt der Christen-Katakomben ein Wandreflief entdeckt. Es berichtet von Jesus von Nazareth und seinen 100 Jünger – was für ein Schock! Der noch größer wird, als sich herausstellt, dass 88 davon Opfer eines antiken Serienmörders wurden. Bizarr ist außerdem: Ein Killer in der Gegenwart scheint seinen Kollegen von damals nachzuahmen. Oder hat dieser etwa 2000 Jahre versteckt in der vatikanischen Bibliothek überlebt? Ein Ex-Cop, seit seiner Scheidung versoffen und im Glauben schwankend, nimmt auf eigene Faust die Ermittlung auf. Was für ein Zufall, dass der geleckte Mafiosi, der ihm seine Frau, ein Model, weggeschnappt hat, seine schmutzigen Finger mit im Spiel hat!
Der Serienkiller aus der Metaebene
Ein Serienkiller killt Serienkiller – in Serie, versteht sich. Doch dann legt sich der Mann, ein genialer Alkoholiker und Ex-Bulle, in Los Angeles mit einem Geheimorden an, mit dem nicht zu spaßen ist. Der Jäger wird zum Gejagten. Seine Flucht führt auch durch eine Hardrock-Disco, wo er eine Gogo-Tänzerin – vor ihrer Scheidung und anschließender Drogensucht ein Topmodel – dazu zwingt, ihn im Auto durch die Stadt zu kutschieren. Da sie sich unsterblich und von Herzen in ihn verliebt, obwohl er sie fesselt, verprügelt und mit der Waffe bedroht, sieht er schließlich seine Fehler ein und schwört sich, nie mehr zu morden. Allerdings sind davor noch die 23 Kapuzenmänner des Ordens unter die Erde zu bringen.
Der Tod kommt per SMS
Die Vorstände eines Kommunikationskonzerns werden der Reihe nach auf die gleiche Weise ermordet (bestialisch natürlich). Ein Hacker – ein verkanntes Genie, das bei Frauen nicht gut ankommt, vor allem nicht bei dem Model, das seine Pizzen liefert – findet heraus: Sie alle waren Teilnehmer der Testphase des T9-Systems bei der SMS-Eingabe, in die eine seit der Antike aktive Geheimgesellschaft per Virus den wahren Namen des Verräters von Jesus Christus eingeschmuggelt hatte. (Dann folgen etwa 70 Minuten Verfolgungsjagden.) Spannend bleibt bis zuletzt, ob der Geek die Frau bekommt. Denn die hat sich auch vom bitterbösen Chef des Mordkomplotts umgarnen lassen, einem arbeitslosen Priester, der nach seiner Scheidung vom Glauben zum EDV-Kaufmann umgeschult wurde.
Hatschi – der Inside Job
Rückblende, Sommer 2001: Unser Held, ein Psychologie-Professor, ist seit seiner Trennung ein Wrack. Und so glaubt ihm niemand, als er auf einer Konferenz behauptet, Schnupfen und Krieg hätten dieselbe Ursache und er habe ein Heilmittel gefunden. Verbittert zieht er sich in seine Zweizimmerwohnung im World Trade Center zurück. Dort häufen sich bald Morde (selbstverständlich bestialisch) an älteren Herren, die ihm ähnlich sehen. Voll Todesangst ruft er bei seiner Exfrau, einem Model, an – denn die ist mittlerweile mit einem Berater des US-Präsidenten liiert, von dem er sich Hilfe verspricht. Sie ist zunächst genervt, doch Tage später entdeckt sie streng geheime Regierungsunterlagen, die ihr Liebhaber sorglos hat liegen lassen. In denen steht (auf Seite 23), Krieg und Schnupfen seien gut für den Kapitalismus. Da keimt in ihr ein fürchterlicher Verdacht – kann sie ihren Exgatten noch retten, bevor in den Twin-Towers die Sprengladungen des CIA hochgehen, die ihn und seine Formel vernichten sollen?
Für Freunde des Hau-drauf-Kinos: meine kleine Hommage auf den Action-Helden der 80er-Jahre.