Stefan Ripplinger notiert zum Konflikt „Autor vs. Texter“ in einem Blogbeitrag von Jungle World:
Der Autor ist entmachtet, es gibt nur noch Texter. Der Autor war ein Gockel, der sich der Urheber seines Geschreibes wähnte und sich wie ein Demiurg gebärdete. Goethe! George! Grass! Wann ihm wo etwas wie eingefallen war, schien von hoher historischer Bedeutung, schien der Aufzeichnung wert. Der Autor signierte und diente der Signifikation. Der Texter hat nichts zu signieren, nichts mitzuteilen, er produziert anonyme Textwürste, die von eiligen Redakteuren und blinden Grafikerinnen zugeschnitten und in vorbereitete Formen eingepasst werden. Der Text ist nur mehr Beilage zum Bild, Füllung einer Kolumne, Erfüllung eines Formats, unspezifisch, unsigniert, Dienst am Rauschen. Daraus ergibt sich, dass es keineswegs früher besser war, sondern jede Zeit auf ihre Weise die schlimmste ist.
Wer schon mal seine Nase in eine Redaktion in den Printmedien gesteckt hat, weiß allerdings, dass neben gehorsamen Textarbeitern und „Content“-Tippsen auch heute noch freie Schreiber existieren, die ihre Selbstdarstellung unter völliger Ignoranz gegenüber Deadlines, Formaten und Layouts zu verwirklichen wissen. So, als seien sie unersetzbar.
Wurde man selbst von der redaktionellen Textproduktionsmaschine geschluckt, kritisiert man diese Autoren wegen ihrer Eitelkeit – die Vokabel „Edelfeder“ dient im Branchenjargon als ironisches Lob. Und zugleich ist man froh, dass es die Luxusklasse der Schreiber noch gibt: als Gegenentwurf zu dem Opportunismus und der Anpassung, die man sich selbst vorwirft. Schriftsteller zu sein kommt dem Selbstbild auf jeden Fall näher. Und wird nicht Joseph Beuys‘ Slogan, ein jeder könne kreativ sein, ja ein Künstler, schon in die Fahrstuhlmusik gemischt, die noch den letzten Festangestellten zu seinem tristen Bürojob begleitet?
Edit: Link zum Jungle-World-Blogbeitrag entfernt; die Url wurde geändert oder gelöscht …