Was tun bei Traffic-Schwund und ausbleibender Indexierung durch Google? Meine Erfahrungen als Betreiber eines kleinen Nischenblogs.
Vergangenen Dezember fiel mir auf, dass der von Google erzeugte Traffic auf meinem Blog einen neuen Tiefststand erreicht hatte. Meine Vermutung damals: Das ist eine erste Auswirkung der personalisierten Suche, die Google ungefragt als Standard für jeden Nutzer eingeführt hat und ihm auf sein bisheriges Suchverhalten abgestimmte Ergebnisse anzeigt (Tipp zum Deaktivieren).
Man kann sich ausrechnen, dass die Gewinner der Personalisierung die Big Player unter den Websites sein werden, die sowieso schon die obersten Plätze im Ranking belegen: Wikipedia, Shopping-Portale wie Amazon und natürlich Verlagsangebote wie Spiegel Online und Co.
Weitere Nachforschungen ergaben aber den Hauptgrund für den Besucherschwund: Reihenweise ältere Blog-Beiträge sind aus dem Index verschwunden. Laut Webmasters-Tools hat Google von 186 via Sitemap übermittelten Urls 129 indexiert. Also können etwa 30 Prozent aller Beiträge nicht mehr mit der Suchmaschine gefunden werden. Beunruhigend fand ich, dass viele längere Texte (ich vermisse schmerzlich diesen und diesen) nicht mehr gelistet sind – im Unterschied zu allerlei Kleinkram.
Warten auf den Long-Tail-Effekt: Zeitverschwendung?
Was besonders ärgerlich ist: Unter den aus dem Index geworfenen langen Beiträgen sind gerade solche, die mit großem Aufwand an Recherche verbunden waren. Über sie kam mit der Zeit ein steter Strom von Besuchern: der viel beschworene Long Tail. Ich betrachtete sie deshalb als Backstage-Eingänge des Blogs, habe sie kontinuierlich überarbeitet, ergänzt und Links zu weiterführenden Informationen hinzugefügt (etwa diesen). Und nun sind sie Dateileichen.
Die Kriterien dafür, welche Webseiten im Index bleiben und welche nach einiger Zeit rausgekickt werden, würden mich mal interessieren. Dass gerade die informativen Beiträge im Abfluss landen, verstößt massiv gegen die Jobbeschreibung einer Suchmaschine (man kann sie leider nicht feuern) – und widerspricht im Übrigen Tausenden von schlauen Ratgeberartikeln, die einem zu erklären vorgeben, wie man sein Blog gut im Netz platziert.
In einer sogenannten Nische vor sich hin zu arbeiten, „sein Ding“ zu machen und auf den Long-Tail-Effekt zu warten ist unter diesen undurchsichtigen Bedingungen sinnlose Zeitverschwendung. Meine Lust, weiterhin viel Arbeit in aufwendige Texte für die Robots zu investieren, geht jedenfalls erst mal gegen null (dagegen hilft auch keine Selbstironie). Deswegen war hier in den vergangenen Wochen auch Sendepause.
Es geht ja nicht nur mir so. Vom Schwund ehemals indexierter Webpages berichten viele Webmaster, man muss sich nur mal auf den Foren umhören. Vor allem betroffen sind natürlich die Betreiber kleiner Seiten oder Blogger knapp überhalb der Wahrnehmungsschwelle.
Und die Lösung für das Problem heißt in erster Linie: Backlinks. Ohne Links auf die eigene Website wird man nichts in der Ökonomie der Aufmerksamkeit des Internets. Dabei ist Texts for Robots bisher weitgehend leer ausgegangen.
Übertriebene Eigenwerbung statt sozialer Filter
Für den Blogger, der ohne Netzwerk an den Start geht und daher ohne Verlinkung auskommen muss, gilt die Losung: Eigenwerbung ohne Gnade. Die nimmt tatsächlich üble Formen an: Das ganze Marketing zieht eine Schleimspur durchs Netz. Twitter hat sich deswegen in einen PR-Rummelplatz verwandelt.
Und Bookmark-Dienste sind für die Suche nach Lesenswertem kaum mehr zu gebrauchen, da übereifrige Webmaster jedes Fitzelchen, das sie neu auf ihre Seite stellen, als den absoluten Hammer empfehlen, und das gern auf mehreren Accounts zugleich. Der größte Stumpfsinn wird am eifrigsten beworben.
Ich verlinke ebenfalls eigene Beiträge über die Mikrotexte oder, sehr selten, über meinen Bookmark-Account. Aber nicht jede Kleinigkeit, die sich auf diesem Blog tut. Etwas Objektivität den eigenen Texten gegenüber kann nicht schaden: Das sollte man als sogenannter sozialer Filter in der Informationsflut beachten, nicht alles ist für eine größere Anzahl von Lesern relevant.
Ein weiteres Manko der Eigenwerbung: Sie macht schlechte Laune, wenn man sie betreibt. Zumindest geht es mir so. Übertriebenes Marketing in eigener Sache hindert am freien Denken und Schreiben.
Trotzdem: Es würde mich freuen, wenn jemand, dem ein Text dieses Blogs gefällt, gelegentlich die drei Klicks auf sich nimmt, die es kostet, diesen per Lesezeichen oder sonst wie zu empfehlen. Danke.
Nachtrag, 21. Januar 2017
Viele Jahre ist es her, dass ich diesen Text geschrieben habe. Aber da hier regelmäßig Besucher vorbeischauen, möchte ich einige Beobachtungen ergänzen:
- Den Long-Tail-Effekt gibt es bei Google tatsächlich.
- Ein kleines Blog kann mit einem Nischenthema erfolgreich ranken.
- Das passiert nicht von selbst, sondern bedarf fortgesetzter Optimierung.
Nehmen wir den Artikel über den Kriegsfotografen Eddie Adams, dessen Verschwinden aus dem Google-Index ich damals beklagt habe. Mit interner Verlinkung bekam ich ihn dorthin zurück. Aber mehr noch: Er ist seitdem bei Suchanfragen zum Namen „Eddie Adams“ oder dem Keyword „Saigon Execution“ hoch in den Suchergebnissen vertreten. Und das, obwohl mein Blog wegen Jahren der Inaktivität insgesamt deutlich abgewertet wurde.
Erfolgsrezept Long Click
Der Artikel über Eddie Adams wurde kaum von anderswo verlinkt, soweit ich das feststellen kann. Doch er profitiert meines Erachtens von seiner Länge. Außerdem bietet er viele Links zu weiterführenden Informationen. Diese Links, die hauptsächlich zu hochwertigen Quellen führen, habe ich in größeren Abständen aktualisiert. Alle zwei, drei Jahre, wenn ich mich richtig erinnere. Fielen mir bei der Überarbeitung neue Informationen auf, habe ich diese in den Text eingepflegt.
Weitere Auskünfte zur Relevanz des Artikels für Google und der Interaktion, zu der er seine Leser anregt, müssen ungefähr bleiben – da ich auf dem Blog keine Tracking-Software mehr im Einsatz habe. Ich vermute, dass er bedingt durch die Länge, die eingebundenen YouTube-Videos und die weiterführenden Links das bewirkt, was SEO-Autoren als „Long Click“ bezeichnen. Das heißt: Die Besucher, die den Treffer in den Suchergebnissen klicken, kehren nicht nach kurzer Zeit dorthin zurück. Für Google ein Signal für ein positives Nutzererlebnis.
Sollte ich dieses Blog wieder in Betrieb nehmen, wären der Artikel und die Themen, die sich ihm anschließen (Vietnamkrieg, Kriegsfotografie etc.), ein guter Ausgangspunkt. Ich könnte sogar eine komplett überarbeitete Version des Texts als neuen Blogbeitrag veröffentlichen und für den alten eine 301-Weiterleitung zum neuen einrichten. Aber das ist eine andere Geschichte …