Auf eine Anekdote aus seiner Biografie stößt man in fast jedem Artikel über Don McCullin: 1958 fotografierte der 1935 geborene Brite die Londoner Straßengang The Guv’nors, der einige seiner Schulfreunde angehörten. Nachdem einer der Jungs wegen Mordes an einem Polizisten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden war, erkannte McCullin die Gelegenheit und verkaufte das Bild an den „Observer“ – seine erste Veröffentlichung in einer Zeitung. Ein Akt der Gewalt und dessen Vergeltung wurden für ihn zum Sprungbrett in eine Karriere, die ihn zu einigen der brutalsten Konflikte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führen sollte.
Von 1966 bis Anfang der 80er-Jahre war er im Dienst der „The Sunday Times“ von einem Krisen- und Kriegsgebiet zum nächsten unterwegs. Die im YouTube-Kanal des „Economist“ präsentierte Audio-Slideshow zeigt Fotografien, die McCullin während der Hungersnot Ende der 60er in Biafra geschossen hat, vom Krieg in Vietnam und von einer gefährlichen Begegnung mit christlichen Milizen in Beirut.
Die Bilder illustrieren seine Erzählung von dem Wandel, den er als Kriegsfotograf durchgemacht habe: weg von der Haltung, Extremsituationen existenzialistisch als Chance für Selbsterfahrung zu verstehen, hin zu dem Anliegen, andere Menschen in ihrem Leid zu porträtieren.
Das Video wirbt für die große Don-McCullin-Retrospektive „Shaped by War“, die derzeit im Imperial War Museum North in Manchester läuft (bis 13. Juni). In Berlin sind ebenfalls Bilder des Fotografen zu sehen: „The Impossible Peace – Retrospektive, 1958-2008“, C/O Berlin im Postfuhramt, bis 28. Februar.