Die digitale Ökonomie beruht auf Datenmissbrauch und der Verschwendung von Energie. Das Low-tech Magazine möchte dem gegensteuern – mit Minimalismus und Solarstrom.
Wer sind die größten Stromfresser des Internets? Google steht schon seit Jahren unter Verdacht, exzessiv Energie zu verbrauchen. Die Kryptowährung Bitcoin ist mittlerweile ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt. Gleichzeitig hat die durchschnittliche Website deutlich an „Gewicht“ zugenommen. Mehr Code kostet mehr Strom.
Über eine Diskussion bei Hacker News bin ich auf das Low-tech Magazine gestoßen, das dem Trend zur Verschwendung bei seinem Relaunch gegensteuert. Mit Minimalismus im Design haben die Macher die Performance der Site optimiert. Und der Server läuft zu 100 Prozent mit selbst produziertem Solarstrom. Details zur Konfiguration des Servers hat der Webdesigner des Projekts, Roel Roscam Abbing, an anderer Stelle notiert.
100 Prozent Solarstrom
Erreichbarkeit rund um die Uhr garantiert die Selbstversorgung mit Solarstrom natürlich nicht. Wenn für einen längeren Zeitraum Wolken aufziehen, geht das Blog offline. Schlau finde ich, wie diese Einschränkung als Gimmick erscheint: Die aktuelle Ladung der Batterie wird auf der Website angezeigt – damit die Besucherinnen und Besucher wissen, ob sie sich beim Lesen von Artikeln beeilen müssen. Zum Glück steht der Server im sonnigen Barcelona. Pünktlich zur Siesta hat dort der Generator am meisten Power.
Verbesserter Datenschutz ist ein Nebeneffekt des Redesigns. Eingebundene externe Skripte von Werbenetzwerken und Tracking-Software erhöhen die im Netz übertragene Datenmenge und dadurch die Energieverschwendung. Auf deren Einsatz verzichtet das Low-tech Magazine fortan.
Lustig ist der Hinweis der Betreiber, dass sie damit noch mehr Energie sparen, weil auch Cookie-Banner und eine umfangreiche Datenschutzerklärung beim Aufruf Strom verbrauchen. Stromfresser DSGVO – dieses Argument fehlt bisher in der Kritik an der EU-Verordnung.
Buzzword Nachhaltigkeit
Ein Nischenblog, das auf Selbstversorgung mit Solarstrom setzt, ist kein Vorbild für Websites, die sich an ein größeres Publikum richten. Auszeiten sind Netznutzern kaum zu vermitteln. Aber ich betrachte das Low-tech Magazine eher als einen Beitrag zur Debatte über Nachhaltigkeit, der sich nicht im Jonglieren mit Buzzwords erschöpft.
Wie sieht eine digitale Ökonomie aus, die nicht so räuberisch ist wie unsere jetzige? Eine, die nicht auf Energieverschwendung, Datenmissbrauch und Missachtung des Nutzererlebnisses basiert? Darüber können auch Blogger, Designer und Webentwickler nachdenken.