Desinformation ist ein Geschäftszweig. Auf Medium.com erzählt ein freier Journalist von der Arbeit für eine Medienagentur, die sich auf Clickbait und Lügen spezialisiert hat.
Früher waren hinter der Desinformation, die sich ins Netz ergießt, glutäugige Fanatiker zu vermuten. Spätestens zur vergangenen US-Wahl hat sich gezeigt, dass „Fake-News“ auch ein Geschäftszweig sind. Einer, der selbst in einer mazedonischen Kleinstadt zum Boom führen kann, wie Ulrich Ladurner 2016 in einer Reportage berichtete (Zeit-Online-Login erforderlich).
Was braucht ein Unternehmer, um in das Lügen-Business einzusteigen? Wenig Skrupel. Und als Mitarbeiter am besten freie Journalisten, die von ihrem Job nicht leben können. Einer von ihnen hat seine Erfahrungen als „Bekenntnisse eines Fake-News-Schreibers“ für Medium.com notiert.
Überprüfen lässt sich der Wahrheitsgehalt der flott getexteten Story nicht. Der Name des Autors, „Winston Wordsworth“, ist wohl ein Pseudonym. Sein Fazit darf ich spoilern: „Writers of fake news hate it as much as the readers do.“ Stimmt das jemand versöhnlich? Mich nicht.
Kampf um Klicks
Mal angenommen, die Geschichte ist wahr, verblüfft die Ausstattung der „Fake-News“-Fabrik, in der Wordsworth sein Talent vergeudete: Seine „Bekenntnisse“ erreichen uns nicht aus dem Halbdunkel eines Hinterzimmers, sondern aus einer schicken Medienagentur, auf Clickbait- und PR-Artikel spezialisiert. Eine robuste hire-and-fire-Atmosphäre umfängt dort den Kampf der Texter um die Klicks leichtgläubiger Leser.
Der drohende Jobverlust belebt die Fantasie. Wordsworth gesteht:
I have written completely fabricated experiences of being a medic delivering care in a war zone and the difficulties I’ve encountered as a middle-aged housewife (a piece about the emotional labor of the holidays went down well) and growing up as a Muslim.
Mit so viel Übung in Rollenprosa könnte der „Fake-News“-Schreiber vielleicht Schriftsteller werden und in die Literatur wechseln. Leider ist das ein nicht minder schlecht bezahltes Fach.
Fake-News ist ein problematischer Begriff, der selbst zum Missbrauch einlädt. Weswegen Spiegel-Online-Kolumnist Christian Stöcker von seiner Verwendung abrät.
Clickbait-Artikel produzieren auch etablierte Verlage. Es nennt sich dann nur anders, etwa „attraktives Angebot für die junge, mobile Zielgruppe“, wie Übermedien kritisiert. Zumindest gilt hier der Pressekodex.