Berlins Wohnungsmarkt macht Mieter arm und Investoren fiebrig. Wer profitiert von der Misere? Das Investigativbüro Correctiv und der „Tagesspiegel“ gehen auf Spurensuche.
Wer in einer lukrativen Berliner Immobilie wohnt, kann sich auf ambitionierte Mieterhöhungen einstellen. Und auf ein sportliches Tempo bei Eigentümerwechseln. In meinem vorigen Mietshaus, kein Schmuckstück, aber dank Nähe zum Kollwitzplatz in begehrter Lage, reichten sich Investmentfirmen die Klinke. Von den imposant betitelten Fonds und Aktiengesellschaften war kaum eine Spur im Netz zu finden.
Mehr Transparenz darüber, wer am Wohnungsmarkt der Hauptstadt Geschäfte macht, verspricht das Rechercheprojekt „Wem gehört Berlin?“. Unter diesem Namen haben die Zeitung „Tagesspiegel“ und das Recherchebüro Correctiv gerade eine Kooperation gestartet, die den Eigentumsverhältnissen in der Stadt nachspürt.
Crowdrecherche liefert Daten zum Wohnungsmarkt
Für die Recherche braucht es Daten. Berliner Mieterinnen und Mieter sind gebeten, an der Erhebung mitzuwirken. Dieser Aufruf zur Mithilfe löst nicht nur Jubel aus. „Stasi“-Vorwürfe gehen um, „Denunziation!“, schreien Kritiker auf Twitter und in Online-Kommentaren. Manche schnipseln aus der DSGVO mehr oder weniger passende Zitate heraus, die ein Verbot der Datensammlung belegen sollen.
Geplant sei aber kein Internetpranger, schreibt der „Tagesspiegel“, der Datenschutz bleibe gewahrt:
Ziel ist es nicht, wahllos Eigentümerlisten zu veröffentlichen. Berichtet wird nur, wenn ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit vorliegt.
Journalistische Aufklärung tut dann not, wenn sich an Firmengeflechten kriminelle Machenschaften ablesen lassen. 30 Milliarden Euro Schwarzgeld fließen jährlich nach Deutschland, berichtete das TV-Politmagazin „Kontraste“ im Juli. Vor allem der Immobiliensektor biete ein „Paradies für Geldwäscher“.
Das amtliche Transparenzregister konnte der „Kontraste“-Redaktion bei ihren Nachforschungen zu einer Berliner Immobilie nicht weiterhelfen. Hoffentlich sind der „Tagesspiegel“ und Correctiv mit ihrer Crowd-Recherche erfolgreicher.
Weitere Recherchen
Schmutzwäsche: Das Geldwäschevolumen wird auch deutlich höher geschätzt. Von über 100 Milliarden Euro jährlich berichtete die „FAZ“ 2016. Ergebnis einer Studie im Auftrag des Finanzministeriums.
Nachbargrundstücke: Berlin ist dritte Station einer Correctiv-Reihe. Das Investigativbüro begab sich mit anderen Medienpartnern bereits in Düsseldorf und Hamburg auf Spurensuche in der Immobilienbranche.
Profit: Sebastian Erb musste aus seiner Wohnung in Neukölln ausziehen. Doch warum stand sie hinterher leer? Um das herauszufinden, spürte der „taz“-Redakteur dem verantwortlichen Luxemburger Fonds nach.