Wer in Deutschland als Freiberufler über Einsamkeit im Homeoffice klagt, darf einen Blick nach San Francisco werfen. Und sich dann wieder besser fühlen. Da in der IT-Metropole Wohnraum kaum vorhanden oder bezahlbar ist, suchen Arbeitskräfte der Tech-Industrie schon mal bei Craigslist ein Stockbett in einer Gemeinschaftsunterkunft. Wie gesellig! Eine Familie mit sechsstelligem Jahreseinkommen zählt dort zu den „Geringverdienern“.
Wenn schon die Boombranche, die für den Druck auf den Immobilienmarkt hauptverantwortlich ist, ihre Beschäftigten nicht nährt, treibt es Leute mit schlechter bezahlten Berufen in die Flucht: Lehrer, Pflegekräfte und Servicepersonal.
Restaurants stellen in San Francisco daher auf Selbstbedienung um, wie sie sonst in Burgerbuden üblich ist. Die Gastronomen haben ohnehin mit der Gewerbemiete zu kämpfen.
Wandernder Arbeitsplatz
Eine Notsituation, auf die wiederum der Plattformkapitalimus reagiert, wie FAZ.net aktuell berichtet: Das Start-up Spacious vermittelt Coworking-Arbeitsplätze in Restaurants, die tagsüber zu wenig Auslastung haben. Hauptstandort ist New York City, ebenfalls eine Toplage der Wohnungsnot.
Heimisch sollte kein Gast an seinem Restauranttisch werden. Das Geschäftsmodell sorgt für wandernde Arbeitsräumen, denen die umherschweifenden Produzenten wenn nötig folgen müssen:
Spacious schließt keine langfristigen Mietverträge ab, sondern wird zu einer Art Untermieter in den Restaurants und gibt ihnen dafür einen Teil seiner Einnahmen, die aus Mitgliedergebühren bestehen.
Für Mitglieder kommt der Monatsbeitrag (99 bis 129 Dollar) weitaus billiger als bei WeWork, dem weltweit expandierenden Coworking-Anbieter. Und sie können ihre eigene Verpflegung mitbringen. Kaffee gibt es umsonst dazu.
Eine für Gastronomen unerwünschte Nebenwirkung der Mehrfachnutzung notiert die „New York Times“: Wer tagsüber in einem Restaurant am Rechner arbeitet, mag dort abends nicht mehr essen.