Hat der Nachruf in Zeitungen auf verstorbene Prominente etwas mit Totenkult zu tun? Ich bin mir nicht sicher, schließlich war Letzterer nicht nur Ahnenverehrung, die Riten wurden auch veranstaltet, damit der Tote sich möglichst zügig ins Jenseits begibt – und nicht etwa auf halber Strecke der Passage ins Straucheln kommt und dann die Lebenden mit seiner untoten Präsenz belästigt, als rachsüchtiger Geist, Wiedergänger oder wie das Personal von Aberglauben und Schauerliteratur auch immer heißt.
Die Verfasser von Nachrufen haben allerdings weniger Angst vor der Rache lebender Toter (gerade das nicht) als davor, nicht populistisch genug zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass die „Berliner Zeitung“ am vorigen Montag Paul Newman einen Blondinen-Witz mit ins Grab legte? „Sah gut aus und war dennoch ein großartiger Schauspieler“, stand im Vorspann zum Artikel über den Tod des Schauspielers. Wie bitte? Wie viel vorauseilender Gehorsam gegenüber dem mutmaßlich niedrigen Niveau der Leserschaft (geduckte Wesen voller Wut auf „die da oben“, die „Schönen und Reichen“, deren Anmut ankotzt) ist am Start, wenn man dem Sonnyboy noch kurz nach dem Tod zur Ausnahme-Dumpfbacke ernennt?