In der „Frankfurter Rundschau“ wird das weitere Schicksal unserer Welt diskutiert. Im neuesten Beitrag der Debattenserie „Nach dem Turbokapitalismus“ beklagt Mely Kiyak, eine in Berlin lebende Autorin und Mitglied der Islamkonferenz, die Passivität ihrer Alters- und Leidensgenossen: Thirtysomethings, die als „kreative Freiberufler“ arbeiten, dabei aber meist von der Hand in den Mund leben, sprich: von Auftrag zu „Projekt“ und wieder zurückspringen. Und zwischendurch auf Stipendien hoffen.
Sollte sich die Finanzkrise auf die Realwirtschaft auswirken, bedeutet das, dass alle finanziellen Säulen, auf die sich Freiberufler stützen, zu wanken beginnen werden. Sozialleistungen werden weiter gekürzt, Wirtschaftunternehmen sich in Sachen Kulturförderung zurückhalten und auch die Künstlersozialkasse wäre gefährdet.
Edit: Link entfernt, nicht mehr im Netz.
Aber keiner von den Betroffenen muckt auf, wie Kiyak moniert, in den Medien sei die „Stimme meiner Generation“ abwesend. Doch ich denke, Fatalismus ist schon ein erster Schritt in Richtung Besserung. Die anderen Stimmen, die seit etlichen Jahren versucht haben, die auf Dauer gestellte Unsicherheit des „Wir nennen es Arbeit“-Prekariats zum sexy Abenteuerpark umzudichten, wo man atemberaubende existenzielle Erfahrungen sammeln kann, ohne sich um so langweiligen Spießerkram wie Altersvorsorge kümmern zu müssen, habe ich immer noch im Ohr. Sie sind deutlich leiser geworden, wie mir scheint.
Zudem missfällt Kiyak die apolitische Haltung ihrer „Peergroup“:
Meine Altersgenossen zeichnet kein besonderes politisches Interesse aus. Während deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt wurden, saßen die Kollegen frohgemut um 11 Uhr wochentags beim Frühstück für 5 Euro in den Berliner Szenevierteln.
Nun, dafür könnte es auch eine andere Erklärung geben: Vielleicht hatten die Kollegen nichts gegen den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr. Dass jemand einer anderen politischen Meinung ist, kann schon mal vorkommen. Auch in „Berliner Szenevierteln“.
Außerdem: Im Vergleich zu Dampfplauderern – meinungsstark und rechercheschwach -, die jedes weltpolitische Problem unter Rückgriff auf ihr hastig angelesenes Wissen lauthals kommentieren, klingen die Espressomaschinen von Berlin-Mitte wie Musik in meinen Ohren.