München versus Berlin – das ist ein innerdeutscher Kulturkampf, der insbesondere auf den Seiten der „Süddeutschen Zeitung“ mit verbissener Härte geführt wird. Eine (nicht ganz ernst gemeinte) Auflistung der Berlin-Vorurteile aus einem „SZ“-Artikel vom vergangenen November:
Als Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit im März die Imagekampagne „Be Berlin“ startete, stand man als Nicht-Berliner vor einem fragwürdigen Imperativ. Was verlangte der Regierende da? Wie ist man Berlin? Indem man in Jogginghosen schlüpft, Currywürste isst und sich die Haare Zwickau-Rot färbt? Türkisch lernt und aus dem tiefergelegten Auto Proll-Hip-Hop wummern lässt? Oder, indem man sich in Röhrenjeans presst und den auf Briefmarkenformat geschrumpften iPod mit einem Fahrradhelm-großen Kopfhörer paart?
Gerade der Latte-macchiato-Schlürfer in Röhrenjeans, der in einer Agentur in Berlin-Mitte zu arbeiten vortäuscht, hat es den Münchnern angetan: Mehr als einmal wurde er als Musterbeispiel aufgebrezelter Verwahrlosung vorgeführt.
Deshalb überrascht es mich, im München-Ressort eines Konkurrenzprodukts, der heutigen „Welt am Sonntag“, in einem Porträt der Schauspielerin Milica Jovanovic zu lesen:
Auffallend ist zunächst Jovanovics unkapriziöse Jungmädchenart, als käme sie aus Berlin-Mitte.
Das Mitte-Girl an sich sei „unkapriziös“? Das ist gewagt. Und hoffentlich nicht wahr. Denn das Areal um den Hackeschen Markt braucht jedes kleine bisschen großstädtischer Überheblichkeit – sonst sieht es dort bald überall aus wie in den „Rosenhöfen“.
Dieser mit Pastellfarben und Leichtmetall-Schnörkeln im Stil einer süddeutschen Fußgängerzone gestaltete Traum vom künstlich harmonisierten Stadtleben ist schätzungsweise einer der wenigen Orte in der Frontstadt, wo die Touristengruppen aus der restdeutschen Provinz nicht rituell vor sich hin murmeln: „Hier muss noch einiges gemacht werden!“