Betrunkene Fotos von verwackelten Freunden kann man damit schießen, Highlights des Nachtlebens als Video abspeichern („Mann, waren wir drauf …“), der Musikindustrie funky per MP3 den Todesstoß versetzen und als statistisch nivellierter Tastendrücker der Schrift die Seele austreiben. Mehr noch: Jack Bauer hat mit seinen Klingeltönen die Spitzenkräfte des internationalen Terrorismus mehr als einmal zu Tode gefoltert. Ich habe gelesen, es sei sogar möglich, mit dem Handy mittels wundersamer Technik seine Worte über die Rufweite hinaus an fremde Ohren zu tragen – als „Fernsprechapparat“ soll dies eine Weiterentwicklung der Telegrafie sein.
Und jetzt kann man mit dem Handy auch Kunst. Jackson Pollock. Der Multimedia-Künstler Miltos Maneta, der Jacksons Dripping-Maltechnik schon auf Jacksonpollock.org für Cursor-Artists als Flash-Grafik umgesetzt hat, bietet die Spielerei auf derselben Website nun als Software-Download für das iPhone an.
Damit ist der Sieg des Westens im Kulturkampf komplett. Waren doch die abstrakten Expressionisten wie Pollock unsere vom CIA gesponserte Wunderwaffe gegen die da drüben, die mausgrauen Kommunisten, noch bevor die ersten Graffiti auf der Berliner Mauer auftauchten. (Das zumindest behauptet die britische Historikerin Frances Stonor Saunders in „Wer die Zeche zahlt … Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg“.)
Ab sofort kann man jedes Mal, wenn man am Kaffeeautomaten in der Warteschlange steht, bevor es ins Meeting geht, das iPhone zücken – um dem Sieg über die finsteren Sowjet-Herrscher mit ein paar digitalen Farbklecksen auf dem Touch-Screen ein Denkmal zu setzen. Und natürlich auch dem Individualismus schlechthin. Der besteht ja bekanntlich darin, dass man an der Kreuzung der Datenströme ein wenig interaktiv mitklickt.