Detroit, seit Jahrzehnten im ökonomischen Niedergang, hat sich zur Resterampe für Freunde von Gruselbildern urbanen Verfalls entwickelt. Angesichts der Schwemme sensationalistischer Berichte in den Medien und Klickstrecken im Internet ist in den USA die Rede von „ruin porn“, Ruinenpornografie.
Jedes Lebenszeichen aus der Stadt ist daher zu begrüßen. Dazu rechne ich die kurze Technodokumentation „Real Scenes: Detroit“, die Resident Advisor, ein Webmagazin für elektronische Musik, vor zwei Tagen ins Netz gestellt hat.
Das Video (Vimeo-Direktlink) bietet viele Talking Heads, etwa vom Label und Kollektiv Underground Resistance, aber kaum Archivaufnahmen von DJ-Legenden und schwitzenden Tänzern auf den illegalen Partys der 90er-Jahre. Nachtlebennostalgiker wird das enttäuschen.
Dafür kann man dabei zusehen, wie Musikproduzent Mike Huckaby (Interview) in dem Projekt YouthVille Jugendlichen Beat-Making und die dazugehörigen Softwarekenntnisse beibringt. Musik als Kreativwirtschaft: Was anderswo als Schlagwort für Stadtmarketing dient, kann in einer postindustriellen Brache wie in der ehemaligen „Motor City“ Detroit Hoffnung wecken.
Mehr zu Schaulust und Postapokalypse: Für die Märzausgabe des Kunstmagazins „Monopol“ habe ich den Fotoband „The Ruins of Detroit“ von Yves Marchand und Romain Meffre rezensiert.